Die Grünen könnten ins Kanzleramt einziehen. Eine Chance für Kiffer?

Kaum ein Thema wird derzeit so heiß diskutiert, wie eine mögliche Kanzlerin Annalena Baerbock von den Grünen. Bei den führenden Wahlforschungsinstituten “Forsa”, “Forschungsgruppe Wahlen” und “Infratest dimap” schneidet das Bündnis 90/Die Grünen derzeit als stärkste Partei ab, wenn vergangen Sonntag gewählt worden wäre. Dieses starke Abschneiden in den Umfragewerten dürfte nicht nur Klimaschützer_innen, sondern auch Konsument_innen von Cannabis erfreuen, die schon sehr lange auf eine Auffrischung der Legalisierungsdebatte hoffen.

Wie stehen die Grünen zu einer Legalisierung von Cannabis?

Die Grünen veröffentlichten bereits im März ihr Wahlprogramm, mit dem sie sich für die kommende Bundestagswahl im September inhaltlich aufgestellt haben. Neben Evergreens wie Klima- und Umweltschutz, Verkehrspolitik und Bildung wird auch die Drogenpolitik ins Zentrum des eigenen politischen Interesses gerückt. Das Ziel eben jener ist eine Liberalisierung und Entkriminalisierung von Substanzen mit Fokus auf dem Cannabis. Hierbei soll erreicht werden, dass der florierende Schwarzmarkt – mit all seinen unschönen Randerscheinungen – ausgetrocknet wird und somit die organisierte Kriminalität als Ganzes geschwächt werde. Um dies umsetzen zu können plant man ein „reguliertes und überwachtes System für Anbau, Handel und Abgabe [zu] schaffen“, in dem es den Konsument_innen ermöglicht werden soll bis zu 30 Gramm Cannabis zu erwerben. Argumentativ spielt hier die Mündigkeit des Bürgers eine große Rolle, die die Grünen mit dieser sozialliberalen Haltung stärken wollen.

Wie stehen die Parteien im Bundestag zu einer Legalisierung von Cannabis?

Eine ähnlich klares Ja zur Legalisierung findet man im Bundestag sowohl bei der Linken, als auch bei den freien Demokraten. Während die Linke betont, dass ihnen ein nichtkommerzielles System des Bezugs von Cannabis vorschwebt, während die FDP eine nicht näher spezifizierte Kontrolle der Abgabe vorschwebt, von der sich auch große Steuereinnahmen, wie auch bei Zigaretten erhofft werden. Die Position der FDP zu Cannabis ist keine neue, der sozialliberale Flügel setzte sich auch schon in den vergangenen Legislaturen für eine Legalisierungsdebatte ein, bisher aber ohne Erfolg.
Die SPD tritt in der Cannabisfrage bisweilen ein wenig passiver auf, man könne sich zwar eine Liberalisierung der Drogenpolitik vorstellen, aber nicht von heute auf morgen. Der Weg der SPD würde vermutlich über Modellregionen und -projekte führen. Konzepte zur Umsetzung scheinen bisher jedoch Mangelware zu sein.

Quelle: https://bit.ly/3wpYGKD

Ein wenig überraschend kommt dagegen die leicht veränderte Haltung der AfD daher, die sich zur Bundestagswahl 2017 noch deutlich gegen jedwede Freigabe von Cannabis positionierten. Auch heute noch dürften Kiffer aber nicht auf einen Wahlsieg der Alternative für Deutschland hoffen, da der Kurswechsel sich keinesfalls auf sie bezieht, sondern nur eine leichtere Verfügbarkeit von medizinischem Marihuana einfordert. Die einstudierte Anti-Establishment-Haltung greift scheinbar heutzutage in der AfD auch auf die Schulmedizin über und das Erstarken rechtsesoterischer Positionen und das gezielte Abfischen in der Querdenker-Bewegung könnte der Hintergrund dessen sein. Einzig und allein die CDU hält an einer dezidierten Ablehnung von Cannabis fest, die sie immer und immer wieder entschlossen betonen. Zwar hatte die Drogenbeauftragte der Bundesregierung Daniela Ludwig (spätestens bekannt durch ihre Aussagen, dass Cannabis kein Brokkoli sei) öffentlich bekundet das portugiesische Modell, nach dem kleine Mengen jedweder Substanzen entkriminalisiert werden, zumindest mal nicht uninteressant zu finden. Betonte aber auch, dass das ihre persönliche Meinung sei und in keinster Weise die Haltung der Union widerspiegele, in der das nicht mehrheitsfähig wäre.

Zusammengefasst lässt sich also sagen, dass sich jede im Bundestag befindliche Fraktion zu dem Thema verhält und dass einer Liberalisierung der Drogenpolitik, auf dem Papier, nur die CDU und die AfD im Weg stünden.

Wird Cannabis 2021 legalisiert werden?

Ob ein Wahlsieg der Grünen wirklich den Weg zur Legalisierung ebnen würde, lässt sich aus mehreren Gründen kaum prognostizieren, da viele weitere Faktoren ausschlaggebend sind. Die mutmaßlich zweitstärkste Kraft – bei Wahlsieg der Grünen – wäre mit nahezu an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Union, mit der als Koalitionspartner wohl keine Liberalisierung möglich wäre. Hierfür mangelt es vermutlich Rückhalt innerhalb der eigenen Basis und die Grünen in den würden in den Verhandlung über eine Koalition wahrscheinlich andere Inhalte priorisieren. Der findige Leser dieses Artikels könnte jetzt anmerken, dass ja unabhängig davon eine Mehrheit im Bundestag entstehen könnte, die sich für eine Freigabe von Cannabis aussprechen könnte. Und davon ist fast auszugehen beim Blick auf die derzeitigen Umfragewerte im Bund. Das dürfte potentiell aber weniger Bedeutung haben als es erscheint, da parlamentarische Entscheidungsprozesse häufig komplizierter sind, als das Eruieren von Mehrheiten. Abgesehen davon, dass einer der unterschiedlichen Entwürfe der Parteien mehrheitsfähig werden müsste, ist davon auszugehen, dass bei einer Regierungsbildung im Anschluss an die Wahl 2021 kein Weg an der CDU vorbeiführen könnte. Innerhalb einer Koalition kam es historisch äußerst selten zu Anträgen, die an den jeweiligen Koalitionspartner vorbei in den Bundestag getragen worden sind, da dies das Ende einer gemeinsamen Regierungsarbeit einläuten könnte.

Unter Berücksichtigung dessen lässt sich abschließend konstatieren, dass auch bei einem Wahlsieg der Grünen vermutlich nicht zu einer Freigabe käme, da sich vermutlich keine Regierungsmehrheit finden ließe, die das gemeinsam unterstützen würden. So ernüchternd dieser Ausblick auch sein mag, die Debatte ist allein durch die breite Beschäftigung nahezu aller Parteien mit einer Liberalisierung der Drogenpolitik aufgefrischt worden. Die Zukunft wird zeigen, ob sich zukünftig das Wahlverhalten der Bevölkerung immer mehr an dieser Frage orientieren wird, um einen Wandel zu erzeugen.